ESSBARE INSEKTEN
Wir haben schon lange gehört, dass wir uns in naher Zukunft von Insekten ernähren werden. Aber jenseits der Geschichten sagt die Realität etwas anderes. Professor Pete Smith, Professor für Pflanzen- und Bodenkunde an der Universität von Aberdeen, betont: „Wir brauchen es nicht. Wir können die meisten Proteine, die wir brauchen, aus pflanzlichen Lebensmitteln beziehen.“ Uns jenseits all der ausgefallenen Rezepte erscheint die Vorstellung eines Abendessens bei Kerzenlicht mit einem Teller Larven eher wenig appetitlich. Ende 2018 veröffentlichte die International Platform of Insects for Food and Feed (IPIFF), ein Zusammenschluss europäischer Produzenten von Insekten als Lebensmittel für Mensch und Tier, einen Bericht, in dem sie anmerken, dass Insekten heute nur noch als Lebensmittel für Zuchtfische und Heimtierfutter zugelassen sind. Für die Zucht von Geflügel oder anderen Tieren, die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, sind sie jedoch weiterhin verboten.
Grünes Licht gab es vorerst nur von der EFSA (der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit), die der Verwendung von getrockneten Larven von Mehlkäfern, Tenebrio molitor, die sich – wie der Name schon sagt – u. a. von Mehl ernähren, die Zulassung erteilte. „Sie stellen kein Gesundheitsrisiko dar“, so das Urteil der Behörde. Nicht gerade die verlockendste Beschreibung für ein Lebensmittelprodukt.
ESSEN AUS DEM 3D-DRUCKER
Chloé Rutzerveld ist eine niederländische Lebensmittel-Designerin und „Food Futurist“. Durch die Kombination von Design, Wissenschaft und Technologie entwickelt sie Ideen und Pläne für effizientere, gesunde und nachhaltige Lebensmittel. Darunter auch der 3D-Druck: „Wir werden zu einem völlig neuen Lebensmittelsystem übergehen, in dem wir Lebensmittel mit Mikroorganismen bauen werden. Anstatt Getreide anzubauen oder Tiere zu züchten, werden wir Mikroorganismen wie Pilze, Bakterien, Hefen und Mikroalgen nutzen, um die benötigten Kohlenhydrate, Proteine und Fette direkt zu produzieren.“ Dann können wir sie mit dem Drucker nach Belieben formen, ohne dabei auf Geschmack verzichten zu müssen: „Wir können eine Bibliothek von Empfindungen und Mundtexturen auf nanometrischer Ebene erstellen, um Empfindungen wie Frische oder Saftigkeit nachzubilden. Wir werden das System der Nahrungsmittelproduktion viel effizienter machen und so Land, Wasser und Energieressourcen sparen.“ Inzwischen ist es eine Wanderausstellung, die allerdings auf Form und Design und viel weniger auf Geschmack setzt.
SKANDINAVISCHER WEIN
Der Klimawandel wird nicht nur unsere Einstellung zum Konsum, sondern auch zur Produktion verändern. Auch wenn es um Nutzpflanzen geht. Sonderkulturen wie Kaffee und vor allem Weinreben sind stark gefährdet. „Eine Klimaänderung um ein oder zwei Grad könnte für einige Regionen, die Sonderkulturen anbauen, eine echte Katastrophe sein“, sagt Gregory V. Jones, Klimatologe und renommierter Weinbauexperte am Department of Environmental Studies des Linfield College in Oregon. „Weinregionen wie Griechenland, Süditalien, Südspanien und Portugal werden sich möglicherweise mit großen Problemen konfrontiert sehen“, warnt er. In einem beruhigenden Ton fügt er hinzu: „Aber dafür wird der Weinbau an Orten wie Skandinavien und im Norden Englands möglich werden. Sie sind jetzt noch keine Produktionsregionen von Weltrang, aber bis 2050 könnten sie es werden, falls der Klimawandel anhält.“
UNGLEICHHEIT AM TISCH
Wie so oft werden die Ärmsten die Rechnung zahlen müssen. Das könnte auch in Bezug auf Lebensmittelpreise der Fall sein: „Ich mache mir Sorgen um die ungleiche Entwicklung im Zusammenhang mit Lebensmitteln“, sagt Professor Corinna Hawkes vom Center for Food Policy an der City, University of London. „Die Ernährung der Reichen wird besser und die der ärmeren Menschen wird schlechter, und wir werden am Ende noch mehr erschreckende Ungleichheiten haben.“
Fast-Food-Unternehmen werden in reicheren Ländern immer weniger Zustimmung finden und sich zunehmend auf Entwicklungsländer konzentrieren. „Das sind Orte, an denen jetzt schon keine zureichende Ernährung möglich ist“, fährt Hawkes fort, „und mehr Junk Food in der Ernährung wird die Probleme der Fettleibigkeit noch verschärfen.“ Schätzungen zufolge werden, wenn die derzeitigen globalen Trends andauern, bis zum Jahr 2050 60 Prozent aller Männer und 50 Prozent aller Frauen fettleibig sein.